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aus orpheus – 3 akte/33 stationen apollo und schau ihm auf den Mund selbst im Schlafe spricht er scheinbar bedeutsame Worte um sich über seine eigene Gehaltlosig-keit hinwegzutäuschen – gründlich - positiv - potent - gut - vernünftig – großzügig – und so weiter und so weiter –  aufs geradewohl betont und in sinnwidrigem Zusammenhang diese Typen wissen wie es geht - dass der wenn auch gedankenlose Gebrauch dieser Worte ihnen einen gewissen Kredit verleiht (so daß sie sich ständig solcher Worte bedienen – eine mechanische Gewohnheit an der sie mit einer an Hysterie grenzenden Hartnäckigkeit festhalten) und sie beeinflussen damit andere bis sie in höheren Machtstellungen sind während sie in ihrer (lächelnden selbstzufriedenen und) unbeirr-baren Nichtigkeit reif sind für das Irrenhaus oder die Müllkippe. orfeus Persephone hat Recht. Solche Leute kann man nicht ernst genug nehmen – aber – er wird einen Vertrag unterschreiben müssen der uns ein Mitspracherecht gibt gegen seine gekauften Mehrheiten.

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aus finnes terra – – – – – Ja der Nullpunkt sei zumindest das absolute Ende und der absolute Anfang. Oder der absolute „Neu“-Anfang! Da war man sich wieder einig. Eine Chance vielleicht sogar für die auf den Nullpunkt mit hinuntergefrorene Intelligenz? Die bei Null vielleicht ganz anders zu denken beginnen könnte. Und Träume, die man so tief kühlen würde, was wäre mit denen? Und was wäre mit Telepathie? Verrückt so etwas zu denken?  Orpheline hatte gemeint, dass diese ganzen Projektionen Scheiße seien, dass man ihnen nicht trauen dürfe, und dass das Cyclotron in Genf, diese Idee ja auch nicht nennenswert funktioniere. Letztlich und jetzt schon mehrfach hintereinander. Ge-nauso gut hätte man ein Loch graben können, um sein Geld loszuwerden. Sie meinte wohl nicht das ihre, sondern das der Vereinigten Staaten von Europa. Ja, die Wissenschaften, waren nicht unbedingt ihre Leidenschaft. Und Geld? Ich hatte sie nie mit Geld gesehen! – – – – – Ich sah ihr nach, wie sie im Nebel verschwand, wie ihre Realität sich von mir entfernte und sich dabei immer mehr in Nebel einhüllte, bis sie selbst ganz zu Nebel geworden war. Ich sah sie jetzt nicht mehr, aber sie sollte ja wohl noch da sein, jetzt als Nebel, der alles einhüllte, den ich vorher gar nicht gesehen hatte. Dieser Vorgang, dass sie dahin-gelaufen war, hatte mich auf diesen Nebel erst aufmerksam gemacht, es könnte aber auch sein, dass dieser Nebel erst entstanden war, als sie sich von mir entfernte und zu diesem Nebel wurde, indem sie diesen Nebel selbst zunehmend um sich bildete, schon in der Absicht sich mit ihm zu verbinden, in ihn hineinzulaufen, bis man sie nicht mehr sehen sollte. Aber das war es nicht. Dann hätte diese Verschmelzung anders ausgesehen. Vielleicht war es so, dass sie diesen Nebel sogar regelrecht in sich aufsog, um sich in ihm aufzulösen, um alles vergessen zu machen, was sie eben noch als Realität fast akzeptiert hatte. Und das war ja eigentlich auch keine Realität. Es waren ja alles nur Spinnereien und sie hatte eifrig mitgetanzt. Wir hatten es von einem Leben nach dem Tod und sprachen darüber und waren dabei in unseren jenseitigen Träumen fast ertrunken. – – – Seine Gedanken malten Vorstellungen in die Schatten und in das Licht der Nacht, und er versuchte sich klar darüber zu bleiben, das dies alles nur Phantasie sei und nur ein imaginäres Himmel-umspannendes Märchen, selbst wenn dieses bis ans Ende der Welt reichte und in sich eine gewaltige Kraft trug. Gul, dieser Algol, das Auge des Teufels,  war nicht nur da draußen, es war jetzt gleichermaßen auch in ihm, das Auge der Medusa, in das er eigentlich nicht hineinsehen sollte, weil es Unglück bringen könnte. Den Mensch zu Stein erstarren könnte. Auch ihn? Was bedeuteten solche Lächerlichkeiten? Diese ganze Geschichte um seinen Lieblingsstern ist doch so verwirrt. Warum Medusa? Weil sie die einzig Sterbliche war von den drei Schwestern? Gorgonen. Graugestalten, grausame Geschöpfe. Zu dritt nur einen Zahn und ein Auge? Wer kommt auf so einen Mist. Und nur wenn man einen Spiegel benutzt, kann man ihrem todbringenden Blick entgehen. Drei, die sich zwei verschiedene Dinge teilen müssen. Einen Zahn, und nur ein Auge. Wer hat was zu welcher Zeit, wann? Und wenn du einer von ihnen den Zahn klauen wolltest, hat ihn gerade die andere und eine davon hat gerade immer nichts, weder Zahn noch Auge. Und wenn die Welt in ihrem Inneren tatsächlich so aufgebaut wäre? Eine wabernde oszillierende dreigeteilte Welt, eine Tribulationswelt, in der möglichereweise zwei Teile gerade mal wieder aus Nichts bestünden, wenn denn das Auge und der Zahn gerade in den Besitz von nur einer dieser Schreckgestalten geraten sei. Er hatte jetzt das Gefühl, durch seine Haut alles wahrnehmen zu können. Er brauchte kein Licht. Er schloß beim Gehen seine Augen, um diese Vorstellung von sich Besitz ergreifen zu lassen. Befühlte mit der Zunge seine Zähne, befeuchtete sie, empfand eine stille Genugtuung, dass er mit diesen Gorgonen doch wohl nicht verwand sei, obwohl er sich jetzt vorstellte, weder Zähne zu haben noch Augen. Blind lief er dahin. Die Spalte an der er jetzt entlang ging, eine schwarze Furche, gähnend tief, keine zwei Meter von ihm entfernt, er benutzte sie als Orientierung, wenn er von Zeit zu Zeit die Augen öffnete, nach draußen in die mattglänzende Dunkelheit blinzelte. Das abgrundtiefe Nichts, das da neben ihm mit-lief, selbst dann wieder mit geschlossenen Augen ihn noch beobachtend. Langsam und bedächtig voranschreitend, in stillem Ein-verständnis. Und jetzt Medusa an den Himmel genagelt von diesem Perseus, wo sind die beiden anderen verblieben? Die göttlichen Schwestern? Oder Brüder, die den Zahn und das Auge mitgenommen haben? – – – – – Der von mir zur Rede gestellte, farbig aufgemotzte Diener seiner Obrigkeit, mit Orden übersäht – zuckte mit den Schultern – so ein aalglatter Saukerl – ich beschimpfte ihn, dass er die Aufsicht über mein Eigentum versäumt habe – sträflichst vernachlässigt – er hob die Augenbrauen – spielte den Unschuldigen – in zwei Minuten kann man doch, vor den Augen der ordnungsergebenen, obersten Aufsichtsbe-hör-de un-bemerkt, keinen so großen Gegenstand wie mein Auto verschwinden lassen – er arbeite mit der Mafia, der Cosa Nostra, oder einer obskur geheimen Organisation zusammen – eventuell gar mit der berüchtigten Rosa di Venti – der Rose des Windes – einer grie-chisch albanischen Verschwörung gegen den Rest der Welt – er tat unbeteiligt – ein Kollege trat hinzu, versuchte zu beschwichtigen – ich war mehr als wütend – schrie wieder etwas herum über Verschwörung, Verschweigenskult und Camorra neapolitana, oder sonst woher, pseudo-anonym und vorsätzlich undurchsichtig, und erzählte ihm etwas darüber, dass die Kunst des Wegsehens ein Verbrechen sei und wand ihm jetzt die Dienstpistole, mit der er herumzufuchteln begann, aus der Hand – eine Art Colt –  dreißig Zentimeter lang – eine Art kurze Lupina –  der Lauf, glänzend mattes Metall? – elegante zwei Zentimeter Durchmesser – ein Kaliber mehr als um nur Spatzen zu verscheuchen – so einen Typ wie ihn, müsse man aus dem Verkehr ziehen – Park-Verbot hin und her – wo sind da die Verhältnismäßig-keiten – lässt es zu, dass innerhalb von zwei Minuten – vor seinen Augen ein bewegliches polyphones Modul mit all diesem elektronisch bis magnetisch zusammengebastelten Zauber, mit all diesen in sich verwobenen polierten und funkelnden Amaturen, entführt würde – wie weggebeamt – von wegen nicht hingeschaut – ich hätte doch selbst gesagt, er solle die Augen zumachen für zwei Minuten? – hatte ich das gesagt? – wäre selbst schuld? – das fehlt ja gerade noch – ich versuchte ihm jetzt eine Maske über das Gesicht zu legen – ihm das Sehen verbietend – ihn unsichtbar zu machen vor sich selbst – aber sein Gesicht blieb frei – er hatte mit dieser übergestülpten Halskrause jetzt eher das Aussehen einer leicht getoasteten barocken Erscheinung  von festlichem Nirgendwo – ungebrochene Arroganz eines Weltumseglers – wie ein Taucher, in aus Antimaterie gefertigter Uniform, der gerade aus dem Nichts gestiegen ist,  um dir frech eine tote Ente hinzuhalten,  als Entschuldigung, oder eine in der Unendlichkeit der Zeit gerauchte Makrele – demonstrativ und keck, den kupferpolierten Helm eines Ausflugs in die Unterwelt und die zugehörigen Schrauben auf einem glitschigen Felsen abgestellt –  oder war es jetzt ein Hut? – Chapeau – sein Chapeau mit dem auch er sich behüte? – vor mir? – ein in der Not hinzugekommener dritter  Mann in rotem Overall – man wolle keine Aufregung, das gelte es bei allem Disput zu vermeiden, deutete über die Böschung – ja, er hatte das Fahrzeug entdeckt – und in dem grauen Wassertümpel – dem Kanal – sah man Teile des weißen Dachs. Oder den Rumpf eines umgekippten Bootes? Sie lag am Strand zwischen den kieseligen Steinen, aufgedunsen, der nackte Bauch unförmig ge-bläht, eher ein Mann als eine Frau, nur die Schuhe mit überhohen Absätzen, der Slip der aus der grauen Hose, aus der grauen Röhren-hose heraushing, in Schwarz mit verspielten Loch-Mustern, gab dem Erscheinungsbild eine makabere bis surreale Note.  In der Hand hielt die Tote einen zerknäulten Faden, eine Perlonschnur, wie sie die Ang-ler benutzen, und ihre grau-blauen Augen schauten irgendwie verklärt in den Himmel. Ja die kurzen Haare streng zurückgekämmt. Oder vom Wasser geglättet. Da waren keine frisch eingelegten Locken mehr. Die Farben im Gesicht eher pastelltonig, wächsern vielleicht, so gar nicht vom Tod gezeichnet, so wie nur für Sekunden entschlafen und jetzt eins mit dem Himmel. Vom Wasser entführt und jetzt bei Ebbe wieder angeschwemmt. Vielleicht doch eher ein männliches Wesen? Und der Fischer, der jetzt mit einer rostigen Kette in der Hand von den dort liegenden Booten kam, ein Mitwisser? – – – – – Fantasie, Projektion oder Wahn?  Diese Frau, die da lag, der Morgen war gerade herausgekrochen aus seinem verspiegelten Schlaf, war sie das Produkt einer selbstverschuldeten inneren Auswegslosigkeit geworden oder das Opfer eines von außen ihr angetragenen Konfliktes, das Opfer einer Anklage, die man mit ihr verbunden hatte, um sich von der  Schuld, der eigenen Schuld, zu reinigen?

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